Mit dem Inkrafttreten des 2. Kapitels des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) am 01.01.2020 und der Überführung der Leistungen zur Teilhabe von Menschen mit Behinderung in das Neunte Sozialgesetzbuch (SGB IX) sollten sich die Zuständigkeiten Bonns für diese Leistungen zum 01.01.2023 endgültig reduzieren. Damit entsprechen Bund und Land NRW eigentlich einer jahrelangen Forderung der Kommunen nach Entlastung. Doch statt sich angesichts der dramatischen Haushalts- und Personalsituation zu freuen, für viele Leistungen nicht mehr zahlen zu müssen, will Bonns Sozialverwaltung die bisher erbrachten städtischen Sonderleistungen größtenteils beibehalten. Die zugehörige Beschlussvorlage von Dezernentin Carolin Krause (CDU) mit der die Stadtverwaltung beauftragt werden soll, in 2023 und 2024 weiterhin Leistungen für rund 1,8 Mio. Euro jährlich zu erbringen, zu denen sie nicht verpflichtet ist (Vgl. Drucksache 230008), winkte der Sozialausschuss in seiner Sitzung am 24. Januar 2023 gegen das Votum der BBB-Fraktion durch. Dass der Sozialausschuss vor Verabschiedung des Haushaltes 2023/24 gemäß gültiger Zuständigkeitsordnung* des Rates dazu überhaupt nicht befugt ist, störte die Sozialpolitiker der grün-linken Koalition, aber auch die „Sozialexperten“ aus den Reihen von CDU und FDP in ihrer offenbar unbekümmerten Einstellung zum Geld der Steuerzahler wenig.
Dazu sagt BBB-Fraktionsvorsitzender Marcel Schmitt: „Wer daher gedacht hatte, mit der Neuaufteilung der Zuständigkeiten im Bereich der Behindertenförderung und Unterstützung Suchtkranker durch Bund und Land würde der Bonner Haushalt endlich entlastet werden, wurde am Dienstag mal wieder eines Ausschussmitglieder scheinen Begriffe wie Aufgabenkritik, Abbau von Parallelstrukturen, Rückführung freiwilliger Leistungen und damit Einsparung von Haushaltsmitteln Fremdworte zu sein. Angesichts des Beratungsverlaufs kam man sich am letzten Dienstag wie auf einer Geberkonferenz vor. Kritische Nachfragen unerwünscht. Das Geld anderer Leute gibt sich eben leichter aus, als das eigene.“
Bemerkenswert erschien an der Vorlage auch die Tatsache, dass von insgesamt rund 1,8 Mio. Euro städtischem Zuschuss ca. 1,5 Mio. Euro an eine einzige Stiftung oder besser: Unternehmensgruppe bestehend aus mehreren gemeinnützigen GmbH´s gehen soll und weiterhin ein namentlich stadtbekannter Arzt sowie zwei weitere Vereine mit der psychosozialen Begleitung von Substitutionspatienten weiter betraut werden sollen. Dies kann aus Sicht des BBB durch die LVR-Kliniken alleine viel effizienter und zentral geschehen.
Schmitt: „Ob hier neben den von Bund und Land vorgesehenen Angeboten vorhandene ertragreiche Sozialstrukturen von einschlägigen Bonner Anbietern vorrangig erhalten werden sollen, vermag man an Hand der teils schwammig gehaltenen Vorlage nicht abschließend zu beurteilen. Die BBB-Fraktion unterstützt gerne soziale Hilfeleistungen für Menschen mit Behinderung, aber keine Doppelstrukturen in einem ohnehin undurchsichtigen und mitunter überfrachteten Sozialsystem.“
* Auszug aus Zuständigkeitsordnung zur Beschlusskompetenz des Sozialausschusses : „Gewährung von Zuschüssen ab 5.000 Euro im Rahmen der Haushaltsansätze. Dies gilt auch für Investitionszuschüsse für Baumaßnahmen, soweit sie im Haushalt im Einzelfall veranschlagt sind.“
Anmerkung Verfasser dazu: Der Haushalt 2023/24 ist nicht beschlossen. Daher existieren bis zur endgültigen Beschlussfassung über die Haushaltssatzung und deren Genehmigung durch die zuständige Aufsichtsbehörde auch keine Haushaltsansätze, aus denen Maßnahmen finanziert werden könnten.
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